Nicola von Bodman-Hensler macht ihren Master in London und lässt uns teilhaben am literarischen Leben der Stadt. Heute: Die Summer Party des Pen Club

Leichter Sommerregen, ein altmodisches Haus im Londoner Westen und etwa 100 Literaturliebhaber und Literaten – der Londoner PEN Club hat wie jedes Jahr zu seiner beliebten Summer Party geladen. Betritt man das Privathaus, so weht einem sogleich ein Hauch englischer Tradition entgegen: Bücherregale im ganzen Haus neben Gemälden, Familienfotos, alles in einem Zustand liebevoller Konservierung angenagt vom Zahn der Zeit. Die PEN-Mitglieder selbst bevölkern den gepflegten Garten des Hauses an diesem Abend, trotz kühlen Wetters; die Damen in Sommerkleid und die Männer in Leinenanzug. Aus dem Salon dringen die Jazz Klänge einer Drei- Mann-Band in den Garten, wo schon mit großem Ernst über die neusten Ereignisse in der Londoner Kulturszene diskutiert wird. Doch eigentlich ist zunächst wenig Zeit dafür, so informiert man uns, denn unter den Londoner Literaten muss man schnell sein, sonst ist das Buffet leergeräumt. Da uns solche Sitten sehr unenglisch scheinen, ignorieren wir den Tip und begeben uns mit einem Glas Wein mutig unter die übrigen Gäste.

Es dauert keine Minute und schon ist man in ein Gespräch mit einem der meist betagteren Mitglieder verwickelt. Pen leidet schon seit längerem unter mangelndem Nachwuchs und so sticht bei den Versammlungen des Clubs jede Person unter 40 deutlich hervor. Unterhaltungen über die neuesten BBC Produktionen, das neueste Buchprojekt oder die letzte Produktion am Royal Opera House, die, mit Verlaub, ‚dreadful‘ war, bestimmen den Abend. Fasziniert von so viel gepflegtem englischen Sinn für Kultur, ist das vermeintliche Abendessen tatsächlich ganz vergessen und das ist auch besser so, denn vom Buffet sind jetzt nur noch Krümel und ein paar vereinzelte Oliven übrig. Es bleibt jedoch kaum Zeit sich darüber zu grämen, denn schon beginnt das offizielle Programm. Hier werden die verschiedenen Projekte des Clubs noch einmal vorgestellt, wie etwa die Aktion ‚Writers in Prison‘. Ein Projekt, das PEN schon seit vielen Jahren verfolgt und Schriftstellern in Haft mittels Briefkontakt und finanzieller Zuwendungen hilft. PEN hat damit in diesem Jahr besonders iranische Schriftsteller unterstützt. Seit seiner Gründung 1921 durch die Schriftstellerin CA Dawson Scott engagiert sich PEN dafür, mittels Literatur zur Völkerverständigung beizutragen, sei es durch Übersetzung, Öffentlichkeitsarbeit oder Menschenrechtskampagnen. Heute hat PEN über 145 Zentren weltweit und wird von zahlreichen Nobelpreisträgern, wie etwa Doris Lessing und Orhan Pamuk, aktiv unterstützt. In Zukunft sollen Studenten vermehrt in die Aktivitäten von ‚Writers in Prison‘ eingebunden werden, der Grund unseres Kommens und ein interessantes Projekt, das im September diesen Jahres beginnen soll, um YOUNG PEN auszubauen.

Nach Ende des offiziellen Teils und mit Beginn eines erneuten Regenschauers findet man sich im Salon wieder, wo einzeln zur Musik der Band getanzt wird oder ein weiteres Glas Wein geleert. Die Gespräche sind schnell wieder aufgenommen, man tauscht Visitenkarten und die ersten Gäste verabschieden sich auch schon wieder, bekannt für durchtanzte Nächte ist die Summer Party inzwischen sicher nicht mehr. Zu Jazz Klassikern klingt der Abend aus und auf der Straße wirft man sich ein frohes ‚See you next time ‚zu, bevor die Gäste sich wieder im Londoner Gewimmel verlieren.

Nicola von Bodman-Hensler