So lautete die Kernfrage der erstmalig stattgefundenen Zukunftskonferenz auf dem Mediacampus in Frankfurt am Main. Am 8. und 9. September diskutierten mehr als hundert Teilnehmer über die Entwicklung der Buchbranche und stellten Handlungsempfehlungen für die Branchenteilnehmer und den Verband auf.
Den Anstoß für die Zukunftskonferenz gab der Vortrag „2025 – Eine schöne neue Welt? Szenarien für die Buchbranche der Zukunft“ auf den Buchtagen Berlin im Juni. Darin stellen Matthias Heinrich (Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel), Heinrich Riethmüller (Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses) und Matthias Ulmer (stellv. Vorsitzender des Verleger-Ausschusses) 55 Thesen zur Zukunft der Buchbranche vor. Dieser Vortrag sorgte für viel Gesprächsstoff in der Branche, sodass das Forum Zukunft im Börsenverein des Deutschen Buchhandels kurzfristig die Zukunftskonferenz initiierte.
Arbeitsgruppen, das „Prinzip Matrix“ und Zukunftsszenarien
Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte Dr. Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins, die etwa 110 Teilnehmer, darunter auch so einige bekannte Branchenköpfe. Die Teilnehmer kamen unter anderem aus Sortimenten, Verlagen, Dienstleistungsunternehmen und dem Börsenverein. Es folgte eine Einführung in das „Prinzip Matrix“, das auf der Zukunftskonferenz angewandt werden sollte. Dieses Rechenmodell mit verschiedenen Tabellen, den Matrices, war auch die Grundlage für die 55 Thesen gewesen. Zunächst teilten sich die Teilnehmer in verschiedene Arbeitsgruppen auf: Unterhaltungssuchende, Kinder/Jugendliche, Reise-Info-Interessenten, Praxis-Info-Interessenten, Sach-Info-Interessenten, Geisteswissenschaft, Recht/Wirtschaft/Steuern, Schulisches Lernen sowie Studentisches Lernen. Am Donnerstag formulierten die einzelnen Arbeitsgruppen Annahmen zur zukünftigen Nutzung einzelner Medientypen (Buch, Zeitschrift, Zeitung, TV/Kino, Radio, Internet, Paid Content), dem Verhalten der Konsumenten, der technischen Entwicklung und den Vertriebswegen der Zukunft. Ausgehend von den diskutierten Annahmen füllten die Teilnehmer eine Ist-Matrix für 2010 sowie eine Matrix für 2025 aus. Weiter legten sie den Gesamtumsatz in einer Gruppe sowie die Umsatzanteile der einzelnen Medientypen fest. Im Abendplenum stellen alle Gruppen ihre Ergebnisse vor. Beendet wurde der erste Konferenztag mit einem gemeinsamen Essen auf dem Mediacampus.
Am Freitag wurden neue Arbeitsgruppen gebildet, diesmal nach Marktakteuren unterteilt: Publikumsverlag, Fachverlag, Special Interest/Ratgeberverlag, Vollsortiment, Fach- und Spezialbuchhandel, Versandhandel/Internetbuchhandel, Zwischenbuchhandel/Dienstleister, Autoren sowie Verband. Die Teilnehmer erarbeiteten in den neuen Gruppen Prognosen für die Zukunft, formulierten Handlungsempfehlungen für die Akteure des Buchmarkts und Wünsche an den Börsenverein. Den Abschluss der Zukunftskonferenz bildete die Präsentation der Ergebnisse und die Verabschiedung durch Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. Es gehe ein positives Signal von der Veranstaltung aus; die Branche schlafe nicht vor sich hin, sondern beschäftige sich mit den wichtigen Themen, so Skipis.
Wachstum des Buchmarktes vorausgesagt
Insgesamt wurde für 2025 ein Wachstum des Buchmarktes prognostiziert. Bei den Verlagen sahen die Teilnehmer einen sich verschärfenden Verdrängungswettbewerb. Die Bedeutung des gedruckten Buches werde sinken zugunsten von Paid Content. Daher sei die Offenheit für neue Geschäftsmodelle wichtig. Im stationären Buchhandel werde es zu einer starken Verkleinerung der Flächen kommen. Von großer Bedeutung sei es für Buchhandlungen, die Kundenbindung zu fördern. Der Versand- und Internetbuchhandel werde weiter stark dazugewinnen. Dem Börsenverein wurde empfohlen, sich auch für neue Marktteilnehmer zu öffnen und stärker Buchmarketing zu betreiben.
Die Branche wachse und wir müssen die Faszination für das „Prinzip Buch“ ins Internet tragen, fasste Alexander Skipis die Ergebnisse der Zukunftskonferenz zusammen. Eine genaue Übersicht aller Ergebnisse wird in einigen Tagen auf der Website der Zukunftskonferenz www.zukunftskonferenz.org veröffentlicht werden.
Zukunftsweisend oder stochern im Nebel? – Eine Einschätzung
Es ist ein guter erster Schritt, wenn sich die Branche mit ihrer Zukunft, den Herausforderungen und Chancen auseinandersetzt. Allerdings sollte mit den auf der Zukunftskonferenz ermittelten Zahlen vorsichtig umgegangen werden. Sie dürfen nicht als gesicherte Werte angesehen werden. Alle Zahlen wurden von den Teilnehmern mehr oder weniger aus dem Bauchgefühl heraus geschätzt. Und dieses Bauchgefühl war stellenweise sehr unterschiedlich.
Die vorgestellten Zukunftsszenarien waren nicht neu und den Handlungsempfehlungen mangelte es an innovativen Ideen. Als nächster Schritt wäre es daher wünschenswert, kreative und neue Konzepte für die Zukunft zu erarbeiten.
Dominique Conrad