Im Forum der Unabhängigen Verlage stellt Mehrnousch Zaeri-Esfahani ihren Roman 33 Bogen und ein Teehaus vor. Ihr Buch zeichnet die Flucht ihrer Familie aus dem Iran nach Deutschland, von Isfahan nach Heidelberg nach. Es sei eine Sammlung der Ereignisse, wie sie sie heute erinnere, erklärt Zaeri-Esfahani. Natürlich seien auch traurige Geschichten dabei, gerade am Anfang, doch je näher die Familie Heidelberg komme, dem Ort, an dem sie letztendlich blieben, desto lustiger würden auch die Geschichten.

Zaeri-Esfahani beginnt mit dem Weg, den sie als Kind mit ihren Eltern und Geschwistern vom Iran in die Türkei und von dort in die DDR zurücklegte. Es hatte sich herumgesprochen, dass die DDR 30-Stunden-Visa verschenkte und „dem Westen Flüchtlinge schickt“. Bewaffnet mit einer detaillierten Wegbeschreibung vom Flughafen zum Grenzübergang fliegt die Familie nach Ostberlin und wird, wie geplant, per S-Bahn nach Westberlin abgeschoben.

Hier beginnt Zaeri-Esfahanis Lesung, für die sie Episoden aus dem letzten Teil ihres Buches, die lustigeren Geschichten, ausgewählt hat. Aus der Perspektive der kleinen Mehrnousch berichtet sie von der Ankunft im bitterkalten Deutschland, der Odyssee durch zahlreiche Asylunterkünfte und schließlich dem Besuch eines Staubsaugervertreters in der Wohnung der Familie in Heidelberg. Die kleine Mehrnousch schildert, wie das Leben der Familie in Deutschland zunächst scheinbar zum Erliegen kommt.

Trotzdem zog das echte Leben da draußen meine Geschwister und mich an wie ein Magnet kleine Metallstücke, und eines Tages, als wir uns am Fernseher sattgesehen hatten, folgten wir diesem Ruf. Stück für Stück erkundeten wir die echte Welt um uns herum, wie kleine Katzen, die zum ersten Mal einen großen Garten auskundschaften.

Zaeri-Esfahani erzählt in einer bildhaften, lebendigen und offenen Sprache, in der Lachen und Weinen eng beieinander liegen, miteinander verflochten sind. Es ist eine Freude, ihr zuzuhören. Mit sicherer Hand führt sie durch die Geschichte ihrer Kindheit. Sie hat die Geschichten gesammelt wie die kleine Mehrnousch ihre Schätze: War im Iran Mehrnousch mit Pusteblumen, Kakerlakenkadavern, Glanzbonbon- und eine Mattbonbonpapier die Sammlerkönigin unter den Geschwistern, legen sie in Deutschland zusammen in einer Margarinendose eine neue, gemeinsame Sammlung aus Schlümpfen, Kiefernzapfen, Glitzerpapier, Perlen und Schokoriegel-Sammelaufklebern an:

Dieser Margarinenschatz machte mir Mut und ließ mich Gefallen an meiner zauberhaften neuen Heimat finden, wo der Schnee Schätze barg.

Mehrnousch Zaeri-Esfahani. 33 Bogen und ein Teehaus, Peter Hammer, 14,99 €.

 

Hanna Leister