„Ich sehe mich nicht als Schriftstellerin. Ich wurde gezwungen zu schreiben.“ So Luna Al-Mousli bei ihrer Lesung im Forum der Unabhängigen Verlage. Ihr Debüt Eine Träne, Ein Lächeln entstand als ihre Diplomarbeit. Ein Buch musste sie gestalten, um das Studium in Graphic Design abzuschließen, und als sie zwei Wochen vor der Frist noch keinen Schriftsteller gefunden hatte, mit dem sie zusammenarbeiten konnte, setzte sie sich hin und schrieb ihre Texte selbst.

Was entstand, ist ein Buch, das über alle Ansprüche an eine Diplomarbeit hinausgeht. Eine Träne, Ein Lächeln, das von weissbooks.w herausgegeben wurde, erzählt in vielen kleinen Texten von Lunas Kindheit in Damaskus, wo sie wohnte, bis sie 14 war. Ihre Geschichte ist keine Kriegsgeschichte, sondern erzählt ausgerechnet von der Zeit vor dem Krieg. So erzählt ein Text zum Beispiel, wie Luna zuerst auf eine christliche Schule ging, obwohl sie selbst Muslimin ist. Während die anderen Kinder im Religionsunterricht Bilder von Jesus ausmalten, malte Luna in einem von ihren Eltern gekauften Malbuch Sailor Moon und ihre Katze an.

 

© Marisa Rohrbeck

© Marisa Rohrbeck

„Ich war viel auf Lesereise“, erzählt Luna „und habe bemerkt, dass die Leute oft vom Buch überrascht sind. Vor allem sind sie überrascht, dass Menschen in Damaskus vor dem Krieg eine normale Kindheit hatten, dass wir in die Schule gingen, Verwandte besuchten und dass wir einen strukturierten Alltag hatten.“

 

Eine Träne, Ein Lächeln überquert Grenzen im Format sowie auch in der Sprache. Bilder nehmen genauso viel Platz ein wie Texte und diese Texte sind zweisprachig gedruckt, Arabisch und Deutsch auf einer Seite: Man dreht das Buch um, um die jeweilig andere Sprache zu lesen. Die Kombination der Sprachen wird auch in der Lesung klar: „Ich lese das zweisprachig vor, weil ich das immer so mache.“ erklärt Luna selbstbewusst. „Auch wenn ihr kein Arabisch versteht – versucht einfach den Klang und die Atmosphäre zu genießen.“ Die zweisprachige Lesung erinnert dabei gar nicht an übliche Übersetzungsformate, sondern stellt die deutschen und arabischen Texte gleichrangig nebeneinander.

 

© Marisa Rohrbeck

© Marisa Rohrbeck

Allerdings gesteht die Autorin, „Ich habe aufgehört, Arabisch zu lernen, als ich 14 war. Ich habe angefangen, Deutsch zu lernen, als ich 14 war. Nach meinen eigenen Ansprüchen kann ich weder auf Deutsch noch auf Arabisch schreiben.“ Widerspruch aus dem Publikum wird laut – und Luna fügt lächelnd hinzu: „Ich wollte damit nur sagen: Ich habe niemals gedacht, dass ich mal auf einer Buchmesse sitzen und aus dem eigenen veröffentlichten Buch lesen würde. Das ist sehr, sehr schön. Ich bin unglaublich froh, hier zu sein.“

 

Marisa Rohrbeck und Annie Rutherford