Mit der Kampagne „JA zum Buch“ kämpft der SBVV für die Wiedereinführung der Buchpreisbindung in der Schweiz. Am 11. März 2012 kommt es zur Volksabstimmung. Michael Hammerer, 1. Vorsitzender der Jungen Verlagsmenschen, hat sich mit Dani Landolf , Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands (SBVV) unterhalten.
Im Mai 2007 wurde in der Schweiz die Buchpreisbindung für ungültig erklärt. Seither gelten freie Preise. Was hatte das für Auswirkungen auf den Schweizer Buchmarkt?
Wir haben seither im Buchmarkt einen Preiskampf, im stationären Markt vor allem auf einem kleinen Sortiment an Bestsellern, im Onlinehandel werden die traditionellen Buchhandlungen von Billiganbietern bedrängt. Diese Preisnachlässe werden entweder teuer erkauft – u.a. hat die Migros-Tochter Ex Libris seit 2007 mehr als 30 Millionen Franken dafür investiert – oder durch Preiserhöhungen auf der Backlist versucht zu kompensieren. Die Zahl der Buchhandlungen, die dem verschärften Wettbewerb nicht mehr standhalten konnten, ist in den letzten Jahren gestiegen. Es trifft zunehmend auch Geschäfte in Städten, wie die Schließung der Buchhandlungen Strub in Chur oder dem Travelbookshop in Zürich zeigt. Verlage müssen zusehen, wie beispielsweise ihr empfohlener Ladenpreis von 29,90 Franken nach Belieben erhöht wird – meist nicht zum Vorteil der Verkaufszahlen.
Erklären Sie uns kurz, was auf politischer Ebene ablief?
In der Deutschschweiz hat die Buchbranche lange auf juristischem Weg für die Beibehaltung des sogenannten Sammelrevers gekämpft. In der Westschweiz, wo die Preisbindung schon Mitte der 1990er-Jahre abgeschafft worden ist, lancierte der inzwischen verstorbene Genfer CVP-Nationalrat Jean-Philippe Maitre 2004 eine Parlamentarische Initiative für eine Buchpreisbindung nach dem Vorbild von Frankreich oder Deutschland. Diese führte schließlich nach langem und heftigem politischem Seilziehen zum Gesetz über die Preisbindung für Bücher, welches das eidgenössische Parlament im März 2011 verabschiedet hat. Gegen dieses Gesetz haben die Jungparteien von FDP und SVP mit großer Unterstützung des Mediendiscounters Ex Libris das Referendum* ergriffen und erfolgreich die nötigen Unterschriften gesammelt. Am 11. März 2012 werden die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger das entscheidende Votum für oder gegen die Preisbindung fällen.
*(Anm. der Redaktion: Die Schweiz ist das Mutterland des modernen Referendums. Bevor ein Bundesgesetz in Kraft tritt, hat die Bevölkerung die Möglichkeit, das Referendum zu ergreifen. Zu einer Volksabstimmung kommt es, wenn man innert 100 Tagen 50.000 Unterschriften sammelt).
Gilt die Buchpreisbindung dann auch im Internet?
Ja, das Schweizer Preisbindungsgesetz gilt – wie in Deutschland oder Frankreich – auch für den Internethandel. Entscheidend für die Schweiz als Buch-Import-Markt ist aber im Gegensatz zu Deutschland auch, was mit dem grenzüberschreitenden Onlinehandel geschieht. Die Schweizer Buchbranche hat heftig dafür gekämpft, dass der Internethandel aus dem Ausland in die Schweiz ebenso unter die Schweizer Preisbindung fällt und eine entsprechende Ausnahmeregelung aus dem Gesetz gekippt. Einem Preisbindungsgesetz, das die Schweizer Händler an die Frankenpreise gebunden und ausländischen Internetanbietern ermöglicht hätte, diese zu unterlaufen, hätte die Branche nicht zugestimmt.
Die SBVV-Kampagne „JA zum Buch“ ist dreisprachig und kostet Geld. Viel Geld. Wer steckt dahinter und wie wird sie finanziert?
In der Deutschschweiz setzen wir ungefähr 500.000 Franken für die Kampagne ein. Die SBVV-Generalversammlung hat dafür im letzten Jahr 300.000 Franken aus dem Verbandsvermögen gelöst. Der Rest ist durch die „1-Promille-Sammelaktion“ in Buchhandel und Verlagen zusammengekommen. Personell wird die Kampagne von der SBVV-Präsidentin Marianne Sax und mir geführt, begleitet und unterstützt von der SBVV-Geschäftsstelle, vom Kommunikationsbüro Scholten Partner und einem Steuerungsausschuss mit Branchenvertretern aus Verlagen, Buch- und Zwischenhandel.
Wie schaut es mit Social Media aus?
Wir begleiten die Abstimmungskampagne mit einem Blog auf der JA-zum-Buch-Website, der von einer losen Gruppe koordiniert und von vielen externen Beiträgen alimentiert wird und auf dem wir auch versuchen, mit speziellen Beiträgen wie einer kleinen Filmserie (gestartet mit dem „Goalie-Teil“ von Pedro Lenz) Aufmerksamkeit zu generieren. Und es gibt eine JA-zum-Buch Facebookgruppe, auf der unsere Unterstützerinnen und Unterstützer versuchen, der mehrheitlich ablehnenden und teilweise sehr aggressiven Stimmung im Internet gegen unsere Kulturvorlage ihre Argumente entgegenzuhalten.