Jerusalem Book Fair 2011(© 2011 Tine Mikliss)

Jerusalem Book Fair 2011
(© 2011 Tine Mikliss)

Die Fahrt von Jenin nach Jerusalem dauert 4 Stunden. Nicht, weil die Entfernung so groß ist, sondern weil viele Berge und Checkpoints umfahren werden müssen …

Um nicht allzu spät in Jerusalem anzukommen, sitze ich Mittwochmorgen um 7 Uhr im Bus, abfahrbereit. Ich, nicht die anderen, nicht der Fahrer, nicht der Bus.
Ich verharre 45 Minuten in Warteposition. Müde. Hätte auch länger schlafen können, hätte ich das gewusst. Weiß man aber nicht vorher. Die Busse in andere Orte fahren immer erst los, wenn sie voll sind. Das kann nach 5 Minuten sein oder nach einer Stunde. Morgens hat man in der Regel Glück und man muss nicht lange warten. Heute schon. Weiß der Himmel warum.

Lesepublikum (© 2011 Tine Mikliss)

Lesepublikum
(© 2011 Tine Mikliss)

Um 12 Uhr stehe ich vor der Jerusalem Book Fair. Meine Tasche wird durchsucht. Apfel, Banane, Wasser, Notizblock, Fotoapparat.
Der erste Stand: Random House. Englischsprachige Literatur. How to understand Israel in 60 days or less. Ramallah Diaries. Almost Dead by Assaf Gavron: „A thirtysomething Tel Aviv businessman life is turned upside down when he narrowly escapes a suicide bombing on the minibus he rides to work. Meanwhile, Fahmi Sabih lies in coma, quarreling with his conscience. The young palestinian suicide bomber has learned everything about bombs and targets … “

Gekauft.

Stände von israelischen Verlagen. Unbesetzt. Keine Möglichkeit, mich ein wenig über den israelischen Buchmarkt zu informieren, über den ich so gut wie nichts weiß.
Stattdessen laufe ich ehemaligen Kollegen über den Weg, die am Fellowship program der Buchmesse teilnehmen, das ich übrigens nur jedem empfehlen kann, der in einem Verlag angestellt ist und dessen Arbeitgeber grünes Licht dafür gibt. Das Programm ist absolut großartig und gibt, neben einem umfassenden Einblick in die israelische Buchbranche, außerdem auch die Möglichkeit, sich international mit Kollegen auszutauschen und vor allem sehr viel von Israel kennenzulernen.

Bücher aus Deutschland (© 2011 Tine Mikliss)

Bücher aus Deutschland
(© 2011 Tine Mikliss)

Die Jerusalem Book Fair wird von drei Personen organisiert. Die erste Messe fand 1963 statt. Kurz vor Beginn der Messe, wenn die Arbeit sich türmt, werden noch mal drei dazugeholt. Die Buchmesse umfasst drei Hallen. In einer Halle präsentieren sich die ausländischen Verlage. Der deutsche Stand wird von der Frankfurter Buchmesse und dem Goethe-Institut Tel Aviv organisiert. Es findet sich vor allem Literatur, Sachbuch und Belletristik, die thematisch mit dem Austragungsort zusammenhängt. An diesem Abend ist Klaus Wagenbach zu Gast:

18 Uhr: „‚Berliner Runde‘: The artist Claire Waffel (Berlin), the writer Jenny Erpenbeck (Berlin), the writer and publisher Prof. Dr. Klaus Wagenbach (Berlin), the poet Jan Wagner (Berlin), the writer Arye Shalicar (Berlin/Jerusalem), Prof. Fania Oz-Salzberger (Israel), Ambassador Dr. Dr. h.c. Harald Kindermann (Germany). Moderator: Thomas Sparr (Germany).“

In den beiden anderen Hallen wird israelische Literatur ausgestellt. Ich kann kein Hebräisch.
Es gibt den Guardian umsonst. Trete hinaus. Die Sonne scheint. In Jerusalem ist es wärmer als in Jenin, das in den Bergen liegt.
Kaufe mir einen Kaffee und ein Brötchen und setze mich in die Sonne.

Fange an zu lesen: „I climbed aboard the Little No. 5 as I did every morning on my way to work. ‚Little No. 5‘ is what I call the minibus-sized cab which follows the route of the No. 5 bus. It’s actually  a cross between a bus and a cab. And since there were bombs all the time, I only ever took Little No. 5 to work and back. Even if a real No. 5 arrived at my Stopp before a Little No. 5 I let it pass. A bus was too easy a target for a terrorist …“

Assaf Gavron Almost Dead, HarperCollins, 2010.
Dt. Ein schönes Attentat, Luchterhand, 2008.

Tine Mikliss, 26.2.2011