Unter dem Jahresmotto #andiearbeit veranstalteten die Jungen Verlagsmenschen Leipzig am 10. Mai 2016 einen Informations- und Gesprächsabend mit Verdi zum Thema “Arbeitnehmerrechte beim Berufseinstieg im Verlag“. Die Präsentation von Bärbel Winkler, der Leipziger Generalsekretärin für den Fachbereich Medien, war Einstig in eine rege Diskussion – schnell wurde aus den persönlichen Wortmeldungen deutlich, dass die Lage vieler junger Berufseinsteiger sehr prekär ist. Zu geringe Löhne, Volontariate ohne Ausbildungscharakter, fehlende Ausbildungspläne und Praktikaschleifen – Probleme, die wir anpacken wollen. Ein Austauschen darüber ist ein erster Ansatz, um Wissenslücken zu schließen und sich so vor Ausbeutung zu schützen. Trotz allem gab es auch positive Berichte, die Mut machen und zeigen, dass in der Medienbranche durchaus faire Arbeitsbedingungen für den Nachwuchs herrschen können.

Der Abend bot Gelegenheit Fragen zum Thema Arbeitnehmerrechte zu stellen und sich über Chancen für den Berufseinstieg zu informieren. Es wurden Kernpunkte vorgestellt, die beim Berufseinstieg wichtig sind:

Gehalt

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. teilt sich in sechs Landesverbände auf. In den unterschiedlichen Landesverbänden gelten oft auch unterschiedliche Tarifverträge. Die Entgelttabelle gibt Aufschluss über die branchenübliche Bezahlung. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es zurzeit 20 tarifgebundene Verlage.

Tipp: Zu Verdi vor Ort gehen und sich den Tarifvertrag bzw. die Entgelttabelle zeigen lassen, dann kann man sich beim Gehalt an den Tarifverträgen orientieren.

Tipp: Offen über das Gehalt sprechen, um Transparenz zu schaffen. Gerade unter jungen Berufseinsteigern ist es gut sich auszutauschen, um auch zu erkennen, ob die Bezahlung fair ist. Dafür soll auch das Netzwerk der Jungen Verlagsmenschen dienen.

Praktikum

Praktika sind hilfreich, um Einblicke in die spätere Arbeitswelt zu gewinnen. Rechtlich ist folgendes zu beachten: Vor Antritt des Praktikums sollte ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und dem zukünftigen Praktikanten abgeschlossen werden. Darin werden der Ablauf und die Ausbildungsinhalte beschrieben, ein Betreuer benannt und Dauer, Arbeitsort, Arbeitszeiten, Vergütung, Kündigungsfrist und Urlaubsanspruch festgehalten. Mündliche Verträge gelten auch, jedoch liegt später die Beweispflicht beim Arbeitnehmer, deshalb wird geraten, den Arbeitsvertrag schriftlich festzuhalten.

Tipp: Haltet nach einem mündlichen Vertragsgespräch das Vereinbarte schriftlich fest und stellt es dem Arbeitgeber per Mail zu – auch ohne Antwort gilt dies 14 Tage nach Zustellung.

Außerdem hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt, dass Praktikanten nicht fest in die Arbeitsabläufe des Betriebes eingeplant werden dürfen, denn sie sollen ja nicht voll mitarbeiten, sondern in erster Linie etwas lernen (Urteil vom 13.3.2003, 6 AZR 564/01 BAG).

Tipp: Praktika vor oder während des Studiums sind hilfreich, nach dem Studium allerdings ist von einem Praktikum abzuraten. Außerdem stets ein Entgelt fordern!

Bei freiwilligen Praktika besteht sogar ein Anspruch auf Entgelt (BBiG § 17 und BGB § 611 ff) und Urlaub. Freiwillige Praktikanten sind also wie Arbeitnehmer zu behandeln: Bei einem Praktikum, dass länger als sechs Monate dauert, haben sie Anspruch auf 24 Urlaubstage (§ 3 Bundesurlaubsgesetz), ansonsten müssen zwei Tage Urlaubsanspruch pro Praktikumsmonat angerechnet werden. Bei der Bezahlung sollten sich die Unternehmen nach der üblichen Ausbildungsvergütung richten.

Die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer werden klar geregelt, u.a. besagt das Arbeitszeitgesetz, dass zehn Überstunden geleistet werden dürfen, wenn ein Ausgleich über die nächsten Monate absehbar ist. Die Ruhezeit ist außerdem zu wahren, sie beträgt elf Stunden.

Tipp: Ein Blick in die Arbeitsgesetze hilft, um sich z. B. über Überstundenregelungen und Urlaubsanspruch zu informieren. Die Gesetze bilden die Rahmenbedingungen ab, weitere Regelungen werden von den Gewerkschaften, vom Betriebsrat und in den einzelnen Arbeitsverträgen festgehalten. Im Zweifel gilt: Erst informieren, dann unterschreiben.

Die Kündigungsfristen sind im § 622 BGB geregelt. Die Probezeit beträgt maximal sechs Monate, in der Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Erst wenn die Probezeit durchlaufen ist, bekommt man einen Anspruch an den vollen Jahresurlaub.

Am Ende des Praktikums haben Praktikanten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch § 630 und nach § 109 der Gewerbeordnung ein Anrecht auf ein einfaches Arbeitszeugnis. Auf Wunsch des Praktikanten enthält dieses auch Angaben zu besonderen fachlichen Leistungen, in dem Fall spricht man von einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Dieses Zeugnis ist mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses fällig, der letzte Tag der Beschäftigung ist hier das ausschlaggebende Datum.

Von Verdi und anderen Kooperationspartnern wurde die Praktika Offensive gestartet, die Richtlinien für ein faires Praktikum formuliert hat. Außerdem sind in diesem Artikel gegebene Informationen und ausführlichere Hinweise in konkret-Praktikum nachzulesen.

Mindestlohn

Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro hat jeder Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes (MiLoG). Dies sind auch Praktikanten. Für diese Personen greift außerdem die Sozialversicherungspflicht. Allerdings muss kein Mindestlohn gezahlt werden, wenn das Praktikum kürzer als drei Monate ist. Wird das Praktikum verlängert, muss eine Rückzahlung erfolgen. Ebenfalls ausgeschlossen ist das Pflichtpraktikum. Auch Berufsausbildungen fallen nicht unter das MiLoG. Dazu zählen ebenfalls Volontariate.

Im Einzelfall hilft hier nur die individuelle juristische Prüfung, eine Anlaufstelle kann dabei die Gewerkschaft sein.

Volontariate

Volontariate sollten einen Ausbildungscharakter haben, bestenfalls in Form eines vorher festgelegten und während des Volontariats eingehaltenen Ausbildungsplans. Ist das eigene Volontariat nicht entsprechend dieser gesetzlichen Vorgabe gestaltet, besteht die Möglichkeit, das Recht auf Ausbildung einzuklagen. Zunächst sollte jedoch das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht und betont werden, dass man etwas lernen will. Wenn der vermeintliche Volontär voll mitarbeitet, also als regulärer Arbeitnehmer geführt wird, handelt es sich nicht um ein Ausbildungsverhältnis. Damit steht ihm mindestens der Mindestlohn zu. Auch dieser kann im Ernstfall eingeklagt werden.

Tipp: Am besten schon im Bewerbungsgespräch die Aufgaben ansprechen, die auf einen zukommen werden. Hört es sich nicht nach einer Stellenbeschreibung mit Ausbildungscharakter an, kann man selbst aktiv werden und Forderungen stellen.

In anderen Branchen gibt es statt des Volontariats sogenannte Traineestellen, um Nachwuchs-Führungskräfte auszubilden. Die Trainees haben normalerweise einen festen Anstellungsvertrag und sollen sich einen Überblick über ihre verschiedenen, späteren Einsatzfelder verschaffen. Sie werden klarer mit den Vorstellungen ausgebildet, welche Qualifikationen das Unternehmen zukünftig braucht. Ein Denken bei den Verlagen in diese Richtung sollte auch bei den Volontariaten einsetzen, dann können beide Seiten noch mehr profitieren.

Volo-Ratgeber können über dju-campus@verdi.de bestellt werden – bei unserem nächsten JVM-Stammtisch in Leipzig am 28. Juni 2016 um 18.30 Uhr im Café Grundmann können wir euch auch gerne einfach ein Exemplar aushändigen.

Betriebsräte

Betriebsräte sind auch für die Berufsbildung zuständig, laut Frau Winkler „damit sie [die Berufseinsteiger] nicht über den Tisch gezogen werden“. Fälle kamen zur Sprache, in denen der Betriebsrat aufgelöst wurde, sich keiner findet oder traut, oder die Mehrarbeit gescheut wird. Damit gerade dieses Engagement an Attraktivität gewinnt, obliegen die ehrenamtlichen Mitglieder des Betriebsrates dem außerordentlichen Kündigungsschutz. Die Aufgaben des Betriebsrates unterscheiden sich von denen einer Gewerkschaft. Betriebsräte können beispielsweise Entgelte erstreiten, wenn es keinen Tarifvertrag gibt.

Entschließt man sich, einen Betriebsrat zu gründen, sollten zunächst andere Beschäftigte angesprochen und eine Sitzung einberufen werden. Verkürzt gesagt, wird dann eine Wählerliste aufgestellt und es findet eine Wahl des Betriebsrates statt. Hat der Betrieb 5-20 wahlberechtigte Arbeitnehmer, wird ein Betriebsratsmitglied gewählt, bei 21-50 wahlberechtigten Arbeitnehmern drei Mitglieder, bei 51-100 wahlberechtigten Arbeitnehmern 5 Personen.

Soloselbstständige in der Medienbranche

Soloselbstständige gelten nicht als Arbeitnehmer. Sie arbeiten nach Honorar- oder Werkverträgen, das heißt, mit der Fertigstellung des Werkes gilt der Vertrag als erfüllt. Arbeitsmittel muss sich der Selbstständige hierbei selbst besorgen. Er arbeitet unabhängig, trägt jedoch das unternehmerische Risiko und haftet stets selbst. In Berlin findet regelmäßig ein Seminar für interessierte Einsteiger statt. Weitere Informationen zur Soloselbstständigkeit findet ihr unter: www.mediafon.net. Verdi unterstützt hier auch gerne beratend bei der Rechtsschutzsicherheit. Beim nächsten Mediatag Leipzig am 5. November werden wieder viele interessante Vorträge und Podiumsdiskussionen zum Thema stattfinden.

Wir denken, nur wenn wir als Nachwuchs über unsere Rechte Bescheid wissen, können wir Junge Verlagsmenschen auch gemeinsam für diese eintreten.

Von Jana Rahders