von Jana Saß

Die künstliche Intelligenz (KI) ist allgegenwärtig. Auch die Literaturbranche wird abseits wirtschaftlicher Aspekte immer mehr von neuronalen Netzen beeinflusst. Fiktion ist es also schon lange nicht mehr. Über die Chancen, Risiken und vor allem ethnischen Fragen diskutierten am Mittwoch unter der Moderation von Lena Falkenhagen (Vorsitzende des Bundesverbandes für deutsche Schriftstellerinnen und Schriftsteller): Dr. Ralf Winkler (Entwickler und Geschäftsführer der Analysesoftware „QualiFiction“), Yvonne Hofstetter (Sachbuchautorin und Spezialistin im Bereich der Digitalisierung) und Maria Hummitzsch (zweite Vorsitzende des Verbandes deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Texte, VdÜ).

Bereits heute hat die KI mit Übersetzungssoftwares wie „DeepL“ Einzug in die Arbeit von SchriftstellerInnen gefunden. Da aber eine Rechenmaschine niemals die wertende Arbeit eines Menschen vollständig übernehmen könne, so Maria Hummitzsch, werden diese Softwares für die Branche der Übersetzer als Hilfsmittel, jedoch nicht als die menschliche Arbeit ersetzende Entwicklung gesehen. Auch das generieren automatischer Texte, wie etwa im Nachrichtensektor, sei heutzutage bereits möglich, wird von Yvonne Hofstetter jedoch als kritisch betrachtet: Die Technik sei noch nicht ausgereift und die Verbreitung von „Fake News“ wahrscheinlich. Zudem seien noch  juristische und urheberrechtliche Fragen zu klären, da die Verantwortung für diese „Texte ohne Urheber“ nicht festgelegt sei. Dazu sei eine Erweiterung des Gesetzes notwendig.

Das Analysetool „QualiFiction“, entwickelt und vertreten durch Ralf Winkler, ist ebenfalls eine KI-basierte Software. Mit ihr sei es möglich, so Winkler, Literarische Werke auf ihr Potenzial auf dem Buchmarkt zu bewerten und Anregungen sowie Verbesserungsvorschläge zu generieren. Für Verlage und Autoren solle es so einfacher gemacht werden, das Potenzial von Werken zu erkennen und zu nutzen. Die Software wurde von den Diskutierenden als kritisch betrachtet:

„Literatur ist nicht vorhersehbar – das ist doch das schöne.“

Mit diesen Worten verwies Maria Hummitzsch auf die Unvorhersehbarkeit in den Entwicklungen von Kunst und Literatur. Hofstetter warnte ergänzend dazu davor, dass zukünftige Bestseller, basierend auf die Bewertung solcher Software, nur noch eine Summierung aktueller Entwicklungen in der Branche seien und an Individualität verlieren würden. Winkler verteidigte seine Software und verwies darauf, dass KI vor allem in der Automatisierung, sprich den technischen Bereichen des Verlagswesen Einzug nehmen würde, nicht aber den kreativen Einfluss des Menschen auf seine Werke mindern könne.

Die wohl spannendste Frage in Bezug auf automatisch generierter oder bewerteter, literarischer Werke ist wohl: 

Ist das denn überhaupt noch Kunst? 

Yvonne Hofstetter sah dies kritisch und betonte die Wichtigkeit der Literatur in der Entwicklung der Menschheit: Sei der Mensch heute meist nur noch ein zu analysierender Haufen Daten, wirke die Literaturbranche dem entgegen: Das individuelle Bewusstsein, die Kreativität und Charaktereigenschaften des Menschen werde durch das Lesen und Schreiben gefördert. Auch Maria Hummitzsch sieht den Einzug von KI in die Buchbranche skeptisch. Software wie „QualiFiction“ und „DeepL“ sollten weitestgehend nur unterstützende Tätigkeiten übernehmen. Die interessanteste Antwort lieferte wohl Ralf Winkler, der mit einem Lächeln auf dem Gesicht anmerkte: Wenn solche Texte es schafften den Leser und damit die Menschen zu berühren, und darum ginge es immerhin in der Literatur, warum sollte es keine Kunst sein?