„Einmal nach Brasilien, bitte!“ – Gesagt, getan. Doch halt, so schnell geht das nicht. Durch die Hallen, über die Laufbänder, Rolltreppe runter und wieder hoch. An einem Publikumstag auf der Frankfurter Buchmesse dauern die sowieso schon weiten Wege eben nochmal so lang. Aber irgendwann kommt man an. Am Pavillon, der das Gastland Brasilien beherbergt. Irgendwie hatte ich Urwald erwartet, vielleicht auch einen aus Büchern. Und Musik, Sambatänzerinnen wären zwar übertrieben gewesen, aber irgendwie auch nicht schlecht. Vielleicht doch ein Brasilien-Klischee zu viel?
Stattdessen betritt man einen futuristisch anmutender Raum. In kühlem weiß-grau gehalten, erstrecken sich Wände aus Papier bis unter die Decke. Dieser Ehrengast-Auftritt wurde von Daniela Thomas und Felipe Tassara entwickelt, er ist eine Hommage an die Architektur der „brasilianischen Moderne“ der 50er bis 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Den größten Teil in der Mitte des Pavillons nimmt ein langer, geschwungener Tisch ein, auf dem die deutschsprachigen Neuerscheinungen aus Brasilien ausliegen. Die Besucher haben die Möglichkeit in Hunderten Büchern aus und über Brasilien zu schmökern.
In einer Ecke wird auf den Innenwänden von vier riesigen Würfeln eine Videoinstallation gezeigt, auf der Dschungel-, Wiesen- und Strandbilder vorbeiflimmern. Eine Stimme rezitiert dazu literarische Passagen.
Geht man weiter, kommt man in einen Hängemattenwald. Leider nur achtzehn Plätze, die natürlich ständig belegt sind. Ergattert man aber eine der Entspannungsinseln im Buchmessen-Wahnsinn, kann man Kopfhörer aufziehen und seinen Blick auf den über einem angebrachten Bildschirm richten. Hier laufen Texte über den Schirm, aus den Kopfhörern hört man brasilianische Gesänge, die einen wegtragen. Fehlen nur noch tropische Temperaturen.
Im nächsten Bereich schwingt man sich aufs Fahrrad. Durch das Treten werden die Bildschirme angetrieben, auf die der Blick vom Drahtesel aus automatisch gerichtet ist. Die Geschichte Brasiliens wird hier häppchenweise erzählt. Eine schöne Idee, sich so durch das Land zu begeben. Radfan und JVM-Mitglied Michael Hammerer hat das gleich mal ausprobiert.
Es gibt viel zu entdecken, informatives Chillen ist angesagt im Brasilien-Pavillon. Die Bücher scheinen hier auf den ersten Blick Nebensache zu sein. Natürlich gab es aber auch unzählige Lesungen und Veranstaltungen im Pavillon und am Gemeinschaftsstand der brasilianischen Verlage. Den Messe-Organisatoren zufolge kommen 260 brasilianische Neuerscheinungen in diesem Jahr auf den deutschen Buchmarkt, davon alleine 117 belletristische Titel. Dem Motto „Brasilien – Ein Land voller Stimmen“ wurde die Präsentation in jedem Fall gerecht, Kopfhörer auf und zuhören, so erfährt man, was Brasilien und die brasilianische Literatur alles zu bieten haben.
Christiane Geithner