Bericht zum Webinar: „Kaufverhalten, Marktkonzentration, Papierpreise: Vor welchen Herausforderungen stehen wir als Verlage?“ mit Dr. Anouschka Albertz im Rahmen des JVM Jahrestreffen 2022

von Sonja Knobling

In ihrem Webinar thematisierte Frau Dr. Anuschka Albertz die derzeitigen Probleme, mit denen die Verlagsbranche bereits konfrontiert ist und welche sich in Zukunft wohl noch verstärken werden: Das Kaufverhalten der Konsument*innen, die Konzentration des Marktes und die steigenden Papierpreise. Jedoch ruft die Geschäftsführerin im Ravensburger Verlag und Verantwortliche in der Kategorie Books+ (zu der die Ravensburger Bücher, das Lernsystem tiptoi® und die Kleinkindmarke ministeps gehören) dazu auf diese Probleme als Herausforderungen zu betrachten, die dabei helfen sollen Ideen für die Zukunft der Branche zu entwickeln. Gemeinsam mit den Teilnehmer*innen des Webinars, die als vielfältige Runde aus allen Verlagsbereichen vom Lektorat über Herstellung bis hin zu Marketing und Vertrieb ebenso wie Studierende der Digitalen Medien und Buchwissenschaft, konnten Anregungen aus allen Bergfkeichen gesammelt werden.

Als Grundlage dienten Albertz die Erfahrungswerte aus Ihrem Unternehmen: Die Ravensburger AG ist insoweit ein besonderes Unternehmen, als dass es nicht nur ein Buchverlag ist, sondern als globales Unternehmen unterschiedlichste Unterhaltungsangebote für Kinder und Jugendliche bietet und damit in verschiedenen Märkten präsent ist. Angeregt zu den Reflexionen über die Herausforderungen des Buchmarkts wurde Frau Dr. Albertz durch die buchwissenschaftliche Forschung zum Kaufverhalten. Die zugrundeliegenden Daten stammen von der GfK und media control, die auf der Grundlage von Umfragen und den Verkaufszahlen im Buchhandel gesammelt werden. Für die letzten 3 Jahre lässt sich die allgemein gedämpfte Kauflaune feststellen, die sich auch auf die besonderen Situationen der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine zurückführen lassen. Allerdings wirkte sich erstere positiv auf den Buchmarkt aus, der sich nun aber wieder härter durchsetzen muss gegenüber seinen Konkurrenten aus dem Gaming- und vor allem Streaming-Bereich. Obwohl der Buchmarkt über die letzten 10 Jahre einen gleichbleibenden Umsatz mit einem leichten Anstieg aufgrund von Abonnement- und Download-Angeboten verzeichnen kann, ist die Messung des Erfolgs genauer zu betrachten, da sich dieser auch auf die steigenden Buchpreise und die Kauflust der Vielleser*innen stützt – aber gleichzeitig Käufer*innen verliert.

In der ersten „Ideentanke“ zur Frage wie die Buchbranche relevant bleiben und Käufer*innen behalten, aber auch gewinnen kann, waren sich die Teilnehmer*innen einig, dass dies mit neuen Konzepten, einem Fokus auf Aktualität, innovativen Produkten, einer besseren Segmentierung der Zielgruppen und der Ausschöpfung des Potentials der Nebenmärkte gelingen kann.

Letzteres bot sogleich den Anknüpfungspunkt für die darauffolgende Diskussion zur Marktkonzentration, für welche sich in den Pandemiejahren eine Verschiebung der Vertriebswege hin zum E-Commerce verzeichnen lässt. Die positive Prognose zeigt in diesem Fall allerdings, dass der stationäre Buchhandel aufgrund seiner starken Kundenbindung und des Einkaufserlebnisses nach den Lockdowns wieder aufholen kann. Nicht zu leugnen ist allerdings die zunehmende Vormachtstellung der großen Buchhandelsketten und großen Onlineanbieter. Jedoch zeigen die Zahlen, dass viele Kund*innen beim Buchkauf durchaus mehrere Kanäle nutzen und mit den richtigen Strategien wieder vermehrt in die Buchhandlung vor Ort gelockt werden können. Die gesammelten Ideen hierzu bezogen sich auf den Vorteil der buchhändlerischen Expertise, die der stationäre Handel mit einem guten Sortiment ebenso wie mit einem durch Events ergänzten Erlebnis des Buchhandlungsbesuchs bieten kann.

Die abschließend Diskussionsrunde zu den steigenden Papierpreisen ergänzte Frau Dr. Albertz um Daten direkt aus der Papierindustrie, welche die steigenden Preise auf folgende Faktoren zurückführen: Die Verlagerung der Druckorte nach Europa in Folge der Pandemie, der Mangel an recyclebarem Altpapier, die steigenden Energiepreise und die vermehrte Produktion von Pappe für die Verpackungen im Onlinehandel statt grafischen Papieren für den Buchdruck. Die Prognosen besagen, dass sich diese Faktoren wieder einpendeln könnten, lediglich die Energiekosten bleiben ein großes Thema für die Papierindustrie genauso wie für die Konsumenten, die dazu noch mit allgemeinen Preiserhöhungen konfrontiert werden. Als Reaktionen der Buchbranche auf die erhöhten Materialpreise sah die Runde Chancen in der weiteren Standardisierung bei der Buchherstellung, der Preisgestaltung der Produkte, der Kostenoptimierung der buchhandelseigenen Logistik und vor allem in der Effizienz bei der Planung und Herstellung von Verlagsprodukten.

Inspiriert durch die Ideen zu den drei besprochenen Themen entließ Frau Dr. Albertz mit Optimismus und Vertrauen auf die Innovationskraft der Kolleg*innen die Teilnehmer*innen ihres Workshops, welche die gewonnen Anregungen in das Studium und ihren Berufsalltag mitnehmen konnten.


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