Bei ihrem letzten Stammtisch am 29.11.2012 erhielten die jungen Verlagsmenschen einen Einblick in den vorweihnachtlichen Alltag der Stadtbibliothek Göttingen.
Es herrscht reger Betrieb im weiträumigen Foyer des alten. Die automatische Schiebetür im Eingangsbereich bleibt kaum länger als ein paar Sekunden geschlossen. Mit jedem Besucher weht ein frischer Duft von gebrannten Mandeln und die Musik des Kinderkarussells vom Weihnachtsmarkt nebenan herein. Klein und Groß stehen geduldig in den Warteschlangen vor den Selbstverbuchungsterminals oder dem Rückgabeschalter. „Heute ist Donnerstag, da haben wir immer bis um 19 Uhr geöffnet“, begrüßt Volkmar Böhm die Jungen Verlagsmenschen. Der erfahrene Lektor, der insbesondere für den Romanbereich in der Bibliothek zuständig ist, führt die Gruppe in einen kleinen Besprechungsraum. Neben ihm nimmt seine Kollegin Ulrike Großardt Platz. Die 23-Jährige betreut neben der Führung von Schulklassen den audiovisuellen Medienbereich. Nach ihrem Studium für Bibliothekswesen arbeitet sie seit einigen Monaten in der Stadtbibliothek.
„Ein spannender und gefragter Beruf“, wie sie sagt, „es kommen jedes Jahr zwei neue Azubis ins Haus, doch es gibt immer mehr Bewerber als Stellen.“ Die Stadtbibliothek bildet seit Ende der 1970er Jahre aus. Der Beruf hieß früher „Bibliotheksassistent/in“ (Ausbildungsdauer 2 Jahre), seit den 1990er Jahren „Fachangestellte/r für Medien- und Infodienste (FaMI) (Ausbildungsdauer 3 Jahre). Insgesamt zählt die Stadtbibliothek zehn Bibliothekare, auf die die Sachgruppen zur Betreuung verteilt werden. „Man muss sich das als Mischarbeitsplatz vorstellen, jeder von uns kümmert sich um die Bestellungen, die Katalogisierung und die Präsentation seiner zugewiesenen Sachgruppen.“, verrät Volkmar Böhm.
Wer zuvor im Foyer einen Blick auf die Tafel mit der Etagenbelegung geworfen hat, weiß, wie umfangreich das Medienangebot im Haus ist. Von den klassischen Printmedien wie Büchern, Zeitungen und Zeitschriften über Spiele und Stadtpläne bis hin zu den Neuen Medien wie DVDs und CD-ROMs ist hier für jede Zielgruppe etwas Passendes dabei. „In etwa zählen wir 200.000 Medieneinheiten, von denen pro Jahr ungefähr 20.000 zu- und abgehen. Das sollte sich immer die Waage halten.“, erklärt Volkmar Böhm.
Die Jungen Verlagsmenschen staunen nicht schlecht, als er in einem Nebensatz erwähnt, dass ein Sechstel des jährlichen Zugangs Spenden und Geschenke sind. Doch wie kommt man bei der heutigen Medienvielfalt immer an die neuesten und für die Besucher interessantesten Medien? Gibt es da tatsächlich eine Markttransparenz? „Nein, wir orientieren uns beim Einkauf meist an Bestseller- und Chartlisten. Insbesondere bei Büchern sind uns die Annotationen vom ekz-Informationsdienst eine große Entscheidungshilfe. Die ekz (Einkaufszentrale für Bibliotheken) ist im Übrigen auch unser Hauptlieferant. Einen großen Teil unserer Medien bestellen wir natürlich beim Göttinger Buchhandel.“
Nach so einem ausführlichen Überblick könne ein bisschen Bewegung nicht schaden, ist sich die Gruppe einig und beschließt, gemeinsam mit Ulrike Großardt und Volkmar Böhm noch einen kleinen Rundgang durch die Geschäftsräume zu unternehmen.
Inzwischen sind alle Besucher gegangen, die Büro- und Ausstellungsräume verwaist. Ganz oben in der dritten Etage befindet sich die Verwaltung. Ein langer Flur, gesäumt mit Bücher- und Wandregalen zwischen den einzelnen Büros.
Die Aufschriften an den Türen geben eindeutige Auskunft: Hier trifft die Ware ein, da wird sie katalogisiert, dort mit bibliografischen Angaben versehen und gegenüber einem Standort zugewiesen. An vier bis acht Arbeitstagen durchläuft ein Medium diese Stationen bis zur Ausleihe. Schaut man sich jetzt mal so ein Bücherregal im Flur der Verwaltung an, lädt es nicht gerade zum Zugreifen ein. „Nein, nein, keine Angst“, lacht Volkmar Böhm, „zur Bestandsvermittlung legen wir großen Wert auf die Präsentation der Medien. Dazu gehören natürlich die Regal-, Schaufenster- und die Vitrinengestaltung, aber auch Veranstaltungen wie Lesungen sind von großer Wichtigkeit!“
Es ist spät geworden, die automatische Schiebetür im Foyer reagiert auf keinerlei Bewegung mehr. Und so verlassen die Jungen Verlagsmenschen die Stadtbibliothek, wie es sich für richtige Leseratten gehört – durch die Hintertür zum Hof.
Zur Homepage: www.stadtbibliothek.goettingen.de
Fotos: Stephan Brünig