Hannelore Jouly

Katrin Schroth sprach mit der Bücherfrau und Coach Hannelore Jouly über Frauen im Verlagsbusiness, erfolgreiches Networking und Einstiegshilfen für Berufsanfänger

Frau Jouly, bei den Treffen der Jungen Verlagsmenschen Stuttgart ist das weibliche Publikum im­mer eindeutig in der Überzahl. Haben Sie eine Erklärung dafür, wieso die Buchbranche gerade für Frauen so attraktiv ist?
Meine These ist, dass bereits kleine Mädchen mehr lesen als Jungen und deshalb angezogen und fasziniert sind vom Medium Buch. Auch sind junge Frauen meist weniger Karriere-orientiert und versprechen sich von der Buchbranche mehr Chancen auf Kreativität und Selbstentfaltung, viel­leicht haben sie auch die Vorstellung, Autoren kennen zu lernen.

Bleibt dieses Verhältnis auch bestehen, wenn man sich die höheren Positionen in der Verlagsbran­che ansieht? Und wenn nicht, was vermuten Sie, wieso diese Stellen dann wieder von Männern be­setzt werden?
Meiner Erfahrung nach sind Männer zwar nicht unbedingt tüchtiger als Frauen, aber meist doch zielorientierter. Das alte Rollenmuster, dass sie eine Familie ernähren wollen, ist auch noch präsent. Frauen hingegen scheuen oft den schwierigeren Weg, sich bis an die Spitze durchzuboxen, denn das kann auch wehtun. Allerdings ist in den letzten Jahren ein Wandel im Bibliothekswesen zu beobach­ten, dort werden Frauen in Führungspositionen immer selbstverständlicher.

Kann es jungen Frauen helfen, sich Netzwerken anschließen? Was für Vorteile hat man, wenn man bei einem Netzwerk wie den Jungen Verlagsmenschen oder den BücherFrauen Mitglied ist?
Frauen bilden inzwischen bewusst Netzwerke, um sich persönlich und fachlich gegenseitig zu un­terstützen. Aber junge Verlagsfrauen sollten sich nicht ausschließlich in Frauennetzwerken engagie­ren, sondern sollten lernen, sich auch in der männlichen Welt zu bewegen und von diesen Kontakten zu profitieren.

Die BücherFrauen bieten über die monatlichen Treffen hinaus auch ein Mentoring-Programm an, das Sie seit 2002 als Mentorin begleiten. Können Sie kurz schildern, was das Besondere an diesem Programm ist?
Das Stuttgarter Mentoring-Programm ist eine hervorragend organisierte Einrichtung, in der eine Mentee und eine Mentorin zusammengeführt werden, um ein Jahr lang an persönlich definierten Fragestellungen zu arbeiten. Das Besondere an dieser Beziehung ist, dass die Mentorin aus einer unabhängigen Position heraus beraten kann, weil sie im Gegensatz zum Partner oder der Familie keine persönlichen Interessen verfolgt. Auf dem Mentoring-Kongress, der Ende Juni in Stuttgart stattfand, haben wir ein sehr gutes Feedback von bisherigen Teilnehmern bekommen. Ich hätte gern selbst eine Men­torin gehabt, um mit ihr schwierige Fragen zu lösen.

Wenn Sie als Mentorin und Coach nun konkrete Tipps abgeben sollten, welche Dinge Ihrer Meinung nach Berufsanfängerinnen in der Verlagsbranche unbedingt beachten sollten, wären das folgende:
Erstens sollte jede die Chance nutzen, viel zu lernen und diese Erfahrungen auch notieren. Zweitens sollte man lernen, freundlich, hilfsbereit und höflich zu sein, ohne dabei seine Ziele aus den Augen zu verlieren. Außerdem ist es wichtig, sich seiner eigenen Fähigkeiten bewusst zu werden und diese zu kultivieren. Und zum Schluss sollte man sich seiner Wünsche und Träume bewusst sein und die­se formulieren. Ich nenne das ein „Panorama der Wünsche“ erstellen, denn: Wünsche können in Er­füllung gehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Katrin Schroth

 


Hannelore Jouly ist als Beirätin des Netzwerks BücherFrauen besonders sensibilisiert für Fragen, die die weiblichen Jungen Verlagsmenschen angehen. Von 1991 bis 2001 war sie Direktorin der Stadtbücherei Stuttgart, inzwischen hat die gelernte Diplombibliothekarin ihre eigene Agentur, die „coaching + culture“ heißt. So gibt sie als Coach und Mentorin ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter.