von Claudia Holzapfel

Diversität in Romane integrieren ist wichtig, aber wie macht man es richtig, besonders wenn man selbst nicht zu einer der marginalisierten Gruppen gehört, über die man schreibt? Diese Fragestellung ist sicher nicht nur für junge Autorinnen und Autoren interessant. Victoria Linnea arbeitet als Schreibcoach für sensitivityreading.de in Berlin. In der Diskussionsrunde mit dem Titel „Darf ich das so schreiben? – Diversität in Romanen“ am Messesamstag betonte sie, dass beim Thema Diversität die Recherche genauso wichtig sei wie bei jedem anderen Aspekt des Schreibprozesses.

Sogenannte Sensitivity Reader wie Victoria Linnea bieten einen Lektorats-Service an, der sich mit der korrekten Repräsentation von marginalisierten Gruppen in Romanmanuskripten beschäftigt. In diesem Zusammenhang, also wenn es darum geht, Diskriminierungen zu vermeiden, hört man ja leider immer wieder Aussagen wie: „Dann darf ich ja gar nichts mehr schreiben“. Diesem Vorurteil widersprach Linnea: „Man braucht diskriminierende Wörter nicht um sich auszudrücken!“ Schließlich erfänden Autorinnen und Autoren ganze Welten, da sollte es nicht so schwierig sein, Synonyme für diese Worte zu finden.

Mit an der Diskussionsrunde beteiligt, die von Thorsten Simon moderiert wurde, war die Autorin Alexandra Schwarting. In Ihrem Roman Auf Drei Beinen ins Glück, hat die Hauptfigur Ole einen Unterschenkel verloren. Schwarting drückte ihre große Bewunderung für Menschen mit einem solchen oder einem ähnlichen Handicap aus. Sie legte außerdem jedem, der vorhat einen Roman mit einem diversen Cast an Figuren zu verfassen nahe, mit betroffenen Menschen zu sprechen, anstatt nur über sie zu sprechen, beziehungsweise zu schreiben. Das koste natürlich Überwindung, sei aber sehr wichtig, um Fehler und Ungenauigkeiten zu vermeiden. In ihren Romanen versucht Alexandra Schwarting Klischees zu benutzen, um mit ihnen zu brechen.

Die Runde komplett machte Annika von Redwitz, Expertin für Diversity Management Consulting, die erklärte, dass Diskriminierung entsteht, weil eine Mehrheit Angst davor hat, ihre Privilegien zu verlieren. Sie hob hervor, dass wir alle bewusste und vor allem unbewusste Vorurteile haben, es aber wichtig sei, Menschen bewusst zu machen, dass sie diese Vorurteile hätten. Davon abgesehen sei es wichtig, Minderheiten sichtbar zu machen sowie Begegnungen zwischen Menschen möglich zu machen und dadurch Empathie zu stärken.

Abschließend hob Schreibcoach Victoria Linnea noch mal hervor, dass es sinnvoll sei, das ganze Manuskript von einem Sensitivity Reader lesen zu lassen, um unfreiwillige Diskriminierung zu verhindern. Grundsätzlich sei unsere Welt nun mal divers und das sollte sich idealerweise auch in der Literatur widerspiegeln.


Artikel verfasst von Claudia Holzapfel im Rahmen der JVM-MessereporterInnen in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse.